Israel-Palästina Teil 2
Krisengebiete
Israel-Palästina Teil 3
© Thomas Wach
Der Abzug aus dem Gazastreifen –
ein Hoffnungsschimmer für Israel und Palästina?
Es ist schon gut fast 4 Monate her, dass der israelische Abzug aus dem Gazastreifen abgeschlossen worden ist, als diese Zeilen hier geschrieben werden. Am 17.8. 2005 begann der Abzug der israelischen Truppen und die Rückführung der gut 8.000 Siedler aus dem Gazastreifen, der am 23.8. abgeschlossen wurde.
Die Bilder der sich wehrenden israelischen Siedler gingen um die Welt. Man sah wie selbst zugereiste israelische Jugendliche fanatisch sich den israelischen Ordnungskräften entgegenstellten. Für die israelischen Soldaten und Polizisten war dies eine höchst problematische Erfahrung. Bisher hatten sie für die Sicherheit der israelischen Bürger und insbesondere der Siedler gesorgt, nun mussten sie deren Widerstand brechen um sie Siedlungen zu räumen.
Alles in allem klappte die Räumung ganz gut. Der von manchen Auguren prognostizierte Bruch in der israelischen Gesellschaft blieb aus, auch wenn der Fanatismus der oftmals orthodoxen Jugendlichen einen westlichen Beobachter sehr irritieren konnte.
Die Mehrzahl der israelischen Bürger aber sah die Räumung als notwendiges Übel an, entweder weil man die Illegitimität der Siedlungen im Gazastreifen als widerrechtliche Okkupation anerkannte oder weil man ganz rational diesen Posten als zu schwer zu verteidigen und als zu teuer zu verteidigen ansah.
Man musste sich schon fragen, warum 8.000 Siedler gegen eine Übermacht von gut 1 Million frustrierter Araber verteidigt werden müssen. Wozu? Für welche Interessen und zu welchem Zweck?
Diesen Fragen muss man sich zuwenden, wenn man die jetzige Situation einschätzen will.
Der historische Antagonismus, der Widerspruch zwischen Arabern und Israelis lebt immer noch fort, gerade in den Köpfen von Israelis und Palästinensern. Und die Mauern in den Köpfen macht das ganze so schwierig.
Für die Israelis legitimiert sich die Besetzung aus der historischen Entwicklung heraus und die Palästinenser beziehen ihren Kampf auch aus der Geschichte.
Die Juden hatten schon immer den Anspruch auf eine nationale Heimstätte im Heiligen Land in ihrer Sicht der Dinge. Nach dem Holocaust war dies nur umso dringender. Und da aufgrund der zionistischen Bewegung schon die Einwanderung ins Heilige Land eingesetzt hatte, verfuhr man 1948 wie in der Balfour-Declaration von 1917 vorgesehen. Israel entstand. Aber die Araber konnten dies weder einsehen noch wollten sie es versuchen. Für sie war das bloß eine Setzung der alten Kolonialherren. So prallten die beiden Seiten aufeinander.
In den Nah-Ostkriegen besetztes arabisches Territorium wurde bereitwillig Israel unterstellt und man machte von Seiten der Israelis einen schweren Fehler: Anstatt sich mit diesen Gebieten einen echten Puffer zu schaffen gegen seine aggressiven Nachbarn, machte man es zu neuem Siedlungsgebiet und versuchte da seine Herrschaft über Siedlungen zu festigen.
Dies aber geschah in Verkennung der Lage: Die arabische. Staaten wandten sich allmählich von der Linie der aggressiven Politik ab, weil sie keine Erfolge erzielte. Auch vergaß man in Israel, dass die Demographie in den arabischen Ländern eine andere war und ist als in Israel. Die Geburtenrate ist dort höher. Daher muss man sich über ein territoriales Ausgreifen Israels umso mehr wundern.
Diese Politik war aber kaum von Erfolg gekrönt und Israel musste eingestehen, dass es seine vorgeschobenen Positionen nicht halten konnte: 1982 zog man sich aus dem Sinai zurück, 2000 aus dem Südlibanon und nun 2005 aus dem Gazastreifen.
Die Frage aber bleibt: Wieso?
War es Einsicht darin, dass eine defensive Politik in der heutigen Umwelt für Israel möglicherweise positiv wäre oder war es ein bloßes Reduzieren von Kosten.
Scharon ist kein Friedensengel. Sein Verhalten im Rahmen der großen Koalition seiner Likud-Partei mit der Arbeitspartei war rein instrumentell begründet.
Gaza war nicht mehr zu halten, dafür hatte man seitens der Palästinenser zu viele Angriffe und Anschläge schon durchgeführt. Auch international wollte man wohl punkten und nun die Palästinenser unter Zugzwang setzen.
Und inzwischen schon wurde bekannt, dass Scharon die Siedlungen im Westjordanland nicht reduzieren will bzw. im höchsten Fall umstrukturieren will. Dabei sind es doch gut 250.000 Siedler im Westjordanland!
Aus Scharons Sicht ging es darum, international zu punkten mit dem Gazaabzug und so auch Druck von Israel zu nehmen, sich aus dem Westjordanland zurückzuziehen.
Er wollte die Aufmerksamkeit auf die Palästinenser lenken, auf ihre vermeintliche Unfähigkeit sich selbst zu regieren. Auch darauf wird Scharon kalkuliert haben: Szenen wie im Gazastreifen nach dem israelischen Abzug, das Chaos danach, sind keine Werbung für die palästinensische Sache.
Es bleibt das Problem, dass Israel es nicht wirklich ernst meint. Allerdings sieht es auf der anderen Seite nicht besser aus.
Die Führung der Palästinenser ist zerstritten und korrupt und die Radikalen gewinnen mehr und mehr an Boden. Die Hamas konnte bei Kommunalwahlen ganz gut punkten.
Aber Hamas will eben nicht nur den israelischen Abzug, die Hamas will weiterhin wie der Iran. Präsident auch Israel von der Landkarte weg und den Kampf ultimativ fortzusetzen.
In solch einer Situation wird es Israel auch nicht gerade leicht gemacht, von seiner Politik der kontrollierenden Expansion abzugehen. Wieder verstärkt sich der eine Effekt durch den anderen, so dass es hier einen echten Teufelskreis gibt:
Die Radikalen auf beiden Seiten sorgen dafür, dass alte Konfliktsichten so bestehen bleiben und beide Seiten sich ewig bekriegen. Keiner der Palästinenser muss den Kampf gegen Israel ewig fortfahren. Aber es gibt doch genügend, die Israel ganz vernichten wollen. Und egal wie wahrscheinlich das ist, solange diese Ziele noch existieren, wird Israel kaum konzilianter werden.
Und dasselbe dann noch mal auf der anderen Seite: Da Israel nix macht, sich nur widerwillig und erst durch Gewalt zurückzieht, verhärtet sich der Kampfgeist bei den Palästinensern.
Ein echter Teufelskreis. Und wie ich schon in den anderen Beiträgen schrieb, an dieser Situation wird sich jetzt auch nichts ändern, leider.
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