Milzbrand
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Milzbrand
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Der Erreger
Bacillus anthracis ist ein bekapseltes, stäbchenförmiges, unbewegliches Bakterium, das in der Lage ist, Sporen zu bilden. Dem deutschen Nobelpreisträger Robert Koch gelang es 1876, den Zusammenhang zwischen den Bakterien und der Erkrankung nachzuweisen. Er fand auch Heraus, dass Bacillus anthracis Sporen bildet, die wieder zu Stäbchen auswachsen können. Diese Sporen sind äußerst resistent gegen Umwelteinflüsse. Sie können über Jahrzehnte in der Erde überleben. Anthraxsporen keimen erst zu Stäbchen, wenn sie in menschliches oder tierisches Blut bzw. Gewebe gelangen.
Die entscheidende Rolle bei der Entstehung der Krankheit spielt die Kapsel des Bacillus antracis. Sie hemmt die “guten Fresszellen“ der menschlichen Immunabwehr, so dass sich die Bakterien im Gewebe vermehren und dann ins Blut gelangen können. Beim Einbruch der Erreger ins Blut kommt es zu einer Schädigung des zentralen Nervensystems – dies stellt dann auch die Haupttodesursache dar. Außerdem bilden die Milzbrandbazillen Giftstoffe, so genannte Exotoxine. Diese Toxine schädigen vor allem die weißen Blutkörperchen und die zellulären Abehrvorgänge im befallenen Organismus.
Die Art der Übertragung
Milzbrand ist eigentlich eine Krankheit Pflanzen fressender Tiere. Die Tiere fressen die Bakterien mit dem Futter von verunreinigter Weidefläche. Sie starben dann nach kurzer, schwerer Erkrankung. Ihre vergrößerte dunkelrote Milz, die wie verbrannt aussieht, gab der Krankheit ihren Namen.
Empfindlich für den Erreger sind aber alle warmblütigen Lebewesen, und damit auch der Mensch. Immer wieder erkranken auch heute noch Tiermediziner, die Tierprodukte verarbeiten und Land- und Forstarbeiter. Durch Kontakt mit Blut infizierter Tiere dringen die Bakterien über kleine Verletzungen in die Haut ein, und es entsteht Hautmilzbrand. An Darmmilzbrand kann erkranken, wer ungenügend gekochtes Fleisch oder Innereien von kranken Tieren isst.
Die schwerste Form des Milzbrands ist der Lungenmilzbrand. Er entsteht, wenn sporenhaltiger Staub eingeatmet wird. Die einzig positive Perspektive an dieser Erkrankung ist, dass eine direkte Übertragung zwischen Menschen in der Regel nicht stattfindet. Eine gleichzeitige Infektion von sehr vielen Menschen ist möglich, wenn Milzbrandsporen als Aerosol in ausreichender Menge versprüht werden. Die zur Infektion nötige Dosis dabei ist jedoch hoch, man braucht pro Person ca. 8.000 bis 50.000 Keime.
Beschwerden
Lungenmilzbrand
Diese Erkrankung beginnt wie ein grippaler Infekt mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und trockenem Husten. Innerhalb von zwei bis vier Tagen steigt das Fieber stark an, die Patienten klagen über Brustschmerzen und Atemnot. Es treten blutiger Auswurf und blaue Lippen auf. In der zweiten Phase der Erkrankung entwickeln viele Patienten auch eine Hirnhautentzündung mit Krämpfen und eine Schocksyptomatik. Sie fallen ins Koma und können innerhalb weniger Stunden sterben. Die Inkubationszeit beträgt wie bei allen drei Arten der Erkrankung ein bis sieben Tage.
Hautmilzbrand
An der Stelle, wo der Erreger in die Haut eindringt, entsteht ein juckendes, rotes Knötchen. Aus diesen Knötchen entwickeln sich dann ein meist schmerzloses, mit schwarzem Schorf belegtes Geschwür, das Milzbrand-Karbunkel. Rund um diese Geschwüre schwillt das Gewebe stark an. Auch die Lymphknoten vergrößern sich schmerzhaft. Durch die freigesetzten Giftstoffe kann es zu hohem Fieber, Benommenheit, Herz-Kreislaufproblemen und einer Sepsis bis hin zur Atemlähmung kommen.
Darmmilzbrand
Nach einem mit Milzbranderregern verunreinigten Essen kommt es zu Bauchschmerzen, Erbrechen und blutigen Durchfällen. Das Bauchfell entzündet sich, es folgen Sepsis und schließlich Herz-Kreislauf-Versagen.
Diagnose
Bacillus anthracis lässt sich unter dem Mikroskop, in Abstrichen der Hautgeschwüre beziehungsweise des Nasen-Rachen-Raums, im Blut, im Speichel und im Stuhl nachweisen. Speziallabors verwenden auch immundiagnostische Verfahren, um im Blut Eiweißkörper nachzuweisen. Wie bei allen Krankheiten besteht für viele Labors auch bei Milzbrand das Problem, dass die Routinetestsysteme Bacillus anthracis nicht feststellen könne. Die definitive Diagnose wird oft erst in einem Speziallabor gestellt. Für die Patienten geht so wertvolle Zeit verloren. In einem dieser Labors kann der Erreger jedoch relativ schnell, nämlich innerhalb eines Tages, und auch zuverlässig nachgewiesen werden. Mittels eines anderen Verfahrens, dem Anthraxin-Hauttest, kann eine akute und auch eine frühere Erkrankung nachgewiesen werden. Dabei wird eine sehr kleine Menge des abgeschwächten Erregers unter die Haut gespritzt. Zeigt sich eine Hautreaktion, so hatte oder hat der Patient Milzbrand.
Behandlung
Bei allen Formen des Milzbrands ist ein möglichst frühzeitiger Einsatz von Antibiotika wichtig, um die Ausbreitung des Erregers im Körper zu stoppen. Eine Behandlung, die einige Stunden zu spät begonnen wurde, kann die Überlebenschancen vor allem bei Lungenmilzbrand erheblich senken (bis zu 50%!!). Daher empfehlen Experten, schon bei Verdacht einer Anthraxinfektion alle Patienten mit Fieber oder grippeähnlichen Symptomen antibiotisch zu behandeln. Die Behandlung muss über 60 Tage durchgehalten werden, weil Anthraxsporen so lange keimen könne.
Gegen Hautmilzbrand wird Penicillin schon sehr lange erfolgreich eingesetzt. Aus Berichten von Wissenschaftlern der ehemaligen UdSSR ist jedoch bekannt, dass dort Milzbranderreger hergestellt wurden, die gegen Penicilline und Tetracycline resistent waren.
Es muss aber, wenn Milzbrand diagnostiziert wurde, auch eine labordiagnostische Prüfung auf eventuell bestehende Antibiotikaresistenz erfolgen.
Heilungschancen
Unbehandelt führt Lungenmilzbrand zur Blutvergiftung, der Sepsis, und unter Lungen- und Herz-Kreislauf-Versagen innerhalb weniger Tage zum Tod. Auch bei einer entsprechenden Therapie sterben ca. 50% der Patienten.
Auch die Prognose des Darmmilzbrands ist schlecht. Etwa die Hälfte der Patienten verstirbt auch bei eingeleiteter Benhandlung rasch.
Der Hautmilzbrand ist, wenn keine Therapie erfolgt, in 5 bis 20% der Fälle tödlich. Mit der entsprechenden Antibiotikatherapie kann der Hautmilzbrand jedoch geheilt werden.
Vorbeugung
Eine Quarantäne von Erkrankten ist nicht nötig, da eine Übertragung des Milzbrands von Mensch zu Mensch äußerst unwahrscheinlich ist.
Prinzipiell ist eine Impfung mit abgetöteten Erregern möglich, allerdings ist der Impfstoff derzeit in Deutschland und Österreich nicht verfügbar. Außerdem ist die Impfung sehr umstritten. Bald nach der ersten Anthraximpfung, sie erfordert sechs Injektionen innerhalb weniger Wochen, klagten Soldaten der US-Armee über Fieber, Gelenkschmerzen und große Müdigkeit. Ein direkter Zusammenhang mit der Impfung wird vermutet, ist jedoch bis jetzt wissenschaftlich noch nicht eindeutig bewiesen.
Wahrscheinlichkeit eines Anschlags
Die Anthrax-Brief-Attacken in den USA Ende 2001 haben eindrucksvoll gezeigt, wie wahrscheinlich ein Anschlag mit Milzbrand ist. Auch die CDC stuft Milzbrand in die Wahrscheinlichkeitskategorie A ein. Würden nur 2,5 kg davon mit dem Flugzeug über einer Stadt wie Berlin versprüht, wären fast zwei Millionen Tote, rund die Hälfte der Bevölkerung, zu beklagen.
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